Freuen wir uns, auch weiterhin Partner bei einem solchen Projekt zu sein.
Schule für Ghana - Eindrücke eines Schulleiters
von Hans-Georg Steiffert
(Herr Steiffert war sowohl Schulleiter der Gaesdonck alsauch des Abteigymnasiums. -Anm.der Redaktion-)
Seit einiger Zeit beteiligt sich das Abtei-Gymnasium an dem Projekt "Schule für Ghana" des Ghana Arbeitskreises, der in der Pfarrei St. Johann seinen Mittelpunkt hat. Die Schule unterstützt aktiv den Aufbau einer Schule in Bole im Norden Ghanas. Der nachfolgende Text spiegelt die Eindrücke wider, die der Autor des Textes nach einer Fahrt durch Nordghana im vergangenen Herbst gewann. Der Text erschien ursprünglich in dem Weihnachtspfarrbrief von St. Johann.
Wir sind im Norden Ghanas, in der Northern Region. Das sind über 12 Stunden Autofahrt nördlich der Hauptstadt Accra auf überwiegend holpriger und nicht ganz ungefährlicher Piste. Diese Provinz fühlt sich benachteiligt, zu Recht:
Nicht nur gibt es kein nennenswertes Straßennetz, die Ernten fallen wegen des geringen Niederschlages eher karg aus, viele Dörfer ? und dort leben die meisten Menschen - haben weder einen Strom- noch einen Wasseranschluss. Der Tauschhandel ist die gängige Wirtschaftsform. Die Analphabetenquote liegt bei weit über 50 %, bei Frauen ist sie besonders hoch. Und schließlich macht die Tatsache, dass die Bevölkerung des Nordens aus über 22 auch sprachlich völlig unterschiedlichen Stämmen besteht, die sich bis vor kurzem noch blutig bekriegten, die Lage des Nordens nicht einfacher.
Dennoch: Es gibt auch Zeichen der Hoffnung. Viele Menschen wissen um den Wert der Bildung, unabhängig von ihrem eigenen Bildungshintergrund. Sie wissen, dass gerade in schwieriger Situation eine schulische und berufliche Ausbildung einen Ausweg bietet, und das lassen sie sich etwas kosten. Das ist auch notwendig, denn der Schulbesuch in Ghana ist kostenpflichtig, selbst in der Grundschule. Immer mehr Eltern versuchen, wenn auch unter erheblichen Anstrengungen, das Geld für die Schule aufzubringen. In einer Gesellschaft, in der viele Menschen vom Tauschhandel leben, sind auch die wenigen Euro Schulgeld für die Grundschule ein ernsthaftes Problem. Der Besuch der weiterführenden Schulen und erst Recht der Berufsschulen ist wesentlich teurer, umso größer sind die Probleme für die Familien. Die Bereitschaft jedoch, alles daran zu setzen, um einen Schulbesuch zu ermöglichen und dafür auf vieles zu verzichten, ist groß, bei den Schülern, den Eltern und den solidarischen Großfamilien.
Da ist Peter. Er ist 16 Jahre alt, seine Eltern sind bereits gestorben. Er ist dankbar für den Job als Reinigungskraft im Gästehaus der Missionsstation in Bole. Jobs sind im Norden rar, und gut bezahlt wird keiner. Peter hofft sich aber das Geld zusammenzusparen, unterstützt vom Onkel und seiner Familie, um die Sekundarschule weiter besuchen zu können. Ebenso prekär ist die Lage bei Thomas Salifu. Er ist bereits 18 und besucht die Berufsschule in Bole, deren Aufbau vom Hamborner Ghanaarbeitskreis maßgeblich unterstützt wird. Thomas kommt aus Wa, etwa 100 km von Bole entfernt, rund vier Stunden braucht man dafür. Sein Schulgeld wird gemeinsam von der ganzen Familie aufgebracht. Während der Schulzeit teilt sich Thomas zusammen mit 7 Kameraden einen Raum. Sein Essen macht er sich selber. Wenn sein Yam, Kasava und Maniok aufgebraucht sind dann fährt er nach Hause, um sich erneut mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Das ist etwa alle 14 Tage der Fall, vorausgesetzt er findet Platz auf einem Last- oder Lieferwagen und kann mitgenommen werden. Natürlich gibt es auch auf dem Markt in Bole etwas zu kaufen. Nur, dafür braucht man Geld. Thomas ist übrigens kein Einzelfall. Fast alle Schülerinnen und Schüler seiner Klasse leben ähnlich wie er ? und sie freuen sich nicht nur, einen Platz in einer guten Schule bekommen zu haben, sie fühlen sich privilegiert. Privilegiert wie auch die zahlreichen Schüler, die täglich drei bis vier Stunden zu Fuß unterwegs sind, um überhaupt eine Schule zu besuchen.
?Gute Schulen sind für unseren jungen Leute unverzichtbar? meint John Tiewul, Mitglied des Pfarrgemeinderates in Bole. ?Nur so kommt unser Land voran?. Die Entwicklung Boles in den letzten 10 Jahren gibt ihm Recht. Das sehen auch die allermeisten Häuptlinge im Norden so, egal ob sie selbst jemals eine Schule besucht haben oder nicht. Die Häuptlinge sind mächtige Personen, ohne sie geht in den Dörfern nichts. Sie stellen Land für neue Schulen zur Verfügung und sorgen dafür, dass Arbeitskräfte aus den Dörfern mit anfassen. Nur - Lehrer, Materialien zur Ausstattung der Schulen und Geld, das alles haben sie auch nicht.
Die Schulen, die wir bei unserem Besuch gesehen haben, mögen, gemessen an unserem Standard, schlicht ausgestattet sein. Sie sind jedoch Lebensmittelpunkt der Schüler und sie vermitteln Hoffnung. Kaum zuvor habe ich Schulen gesehen, deren Atmosphäre so ausgeprägt von Freude und Herzlichkeit gekennzeichnet war, und einem bei uns unbekannten Lerneifer. Jedem Schüler ist bewusst: Ohne Schule gibt es keine Zukunft. Auf eine weitere Rolle der Schulen weist der auch für Bole verantwortliche Bischof Dr. Philip Naameh hin. In den Schulen seiner Diözese, insbesondere auch in unserer Berufsschule, kommen Schüler unterschiedlicher Stammesherkunft zusammen. Dort können sie ebenso wie in den christlichen Gemeinden erleben, welche Vorteile es hat, wenn die traditionelle und konfliktträchtige Stammesorientierung der Ghanaer einer neuen Sicht vom Menschen weicht. ?Das Christentum schafft einen neuen Menschen?, so Bischof Nameeh, ?und dabei wirken auch die Schulen mit.? Profaner ausgerückt: Die Arbeit der Schulen in Ghana ist ebenso wie die Arbeit der christlichen Mission praktische Friedensarbeit.